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  • Standort: 99755 Ellrich/OT Sülzhayn, Carl-von-Ossietzky-Straße 9
  • Eigentümer: Privatbesitz
  • Auftraggeber: Ministerium für Kunst der DDR
  • Bildhauer: Stefan Thomas, Dümmer/Mecklenburg-Vorpommern
  • Material: Bronze
  • Guß: Bildgießerei Seiler & Siebert, Schöneiche bei Berlin
  • Bauzeit: 1965
  • Einweihung: 29.–30. Mai 1965
  • Baukosten:
  • Künstlerhonorar: 7000 Mark

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Abb. 1

Das Sanatorium bzw. VdN-Kurheim Carl von Ossietzky in Sülzhayn erhielt am 25. November 1946 seinen Namen. Eröffnet wurde es 1913 als Dr. Steins Neues Sanatorium. Die Namensgebung erfolgte in Erinnerung an die Verleihung des Friedensnobelpreises an Carl von Ossietzky zehn Jahre zuvor und sein Schicksal. Ab April 1945 fanden schwerkranke Häftlinge des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora Aufnahme in diesem Haus. Zwanzig Jahre nach Öffnung des Sanatoriums für Opfer des Nationalsozialismus wurde im Park der Heilstätte die erste Ossietzky-Büste auf dem Gebiet der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) enthüllt.

Die Südharzer Rundschau vom 2. Juni 1965 berichtete:

»Die 20. Wiederkehr des Tages der Gründung des Sanatoriums wude zum Anlaß genommen, in den schönen, gepflegten Anlagen vor dem Hauptgebäude Carl von Ossietzky ein äußeres Zeichen der Ehrung zu setzen. Die von dem Bildhauer Stefan Thomas aus Dümmer, Bezirk Schwerin, geschaffene Bronzebüste ist schlicht wie Ossietzky war. Der Präsident des Kulturbundes Prof. Max Burghardt war aus Berlin gekommen, um die Rede zu dem feierlichen Akt zu halten. Vor den Ärzten, dem Personal, Patienten und Einwohnern Sülzhayns kennzeichnete er Ossietzky als einen „... Mann unseres Geistes, ein Mensch unserer Zeit”. Der Hauptdarsteller des Ossietzky-Filmes, Nationalpreisträger Hans-Peter Minetti, sprach an der ersten in der DDR aufgestellten Büste Ossietzkys Worte von Brecht, die so recht zu dem großen Menschen Carl von Ossietzky paßten

Die Tageszeitung Das Volk vom 1. Juni 1965 führte weiter aus:

»Auf der langen Gästeliste, die Chefarzt Dr. Scharkoff bekanntgab, standen unter anderem: Emmi Handke und Hanna Sielaff vom Komitee für antifaschistische Widerstandskämpfer der DDR; Genosse Ehmann, Mitarbeiter des ZK der SED; Fritz Steinauer vom Ministerium für Gesundheitswesen und namhafte Ärzte auf dem Gebiete der Tuberkulosebekämpfung. Dr. Hans Leonhard, Chefredakteur der „Weltbühne”, um die sich Carl von Ossietzky so verdient machte, war ebenfalls anwesend. Der ehemalige Intendant der Berliner Staatsoper, Professor Max Burghardt, Präsident des Kulturbundes, würdigte das Schaffen Ossietzkys und sein aufopferungsvolles Ringen um eine gerechtere Welt in seiner Rede zur Einweihung der Büste. Die Melodie des Gefangenenchors aus Verdis Oper „Nabucco”, dargeboten vom Orchester der Bühnen der Stadt Nordhausen, gaben der Feier ein würdiges Gepräge. Für viele aus der Hölle der KZ Entronnenen kam die sofortige Hilfe durch das Sanatorium „Carl von Ossietzky” zu spät. Trotz aller Fürsorge starben sie in den ersten Wochen der soeben wiedererlangten Freiheit. Sie fanden ihre letzte Ruhestätte zwischen den bewaldeten Hügeln von Sülzhayn. Am zweiten Tag der Feierlichkeiten erwiesen ihnen Ärzte und Mitarbeiter der Sanatorien, Patienten und Bevölkerung gemeinsam mit den Gästen Ehrung und legten Kränze an den zum Gedenken an die Toten errichteten Mahnmal nieder. Am Nachmittag des Sonntag sah man sich gemeinsam den Film „Carl von Ossietzky” des Deutschen Fernsehfunks an. Der Hauptdarsteller des Filmes, Nationalpreisträger Hans-Peter Minetti, war übrigens bei der Denkmalenthüllung mit dabei

Neben den Berichterstattern der oben zitierten Lokalpresse war laut mündlicher Überlieferung auch das Fernsehen der DDR (Aktuelle Kamera) bei den Einweihungsfeierlichkeiten anwesend. Leider ist deren Beitrag im Deutschen Rundfunkarchiv (DRA) nicht erhalten.

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Abb. 2: Carl-von-Ossietzky-Büste | 2016

Für den Bildhauer Stefan Thomas war die Ossietzky-Büste in Sülzhayn ein sog. "Entwicklungs- und Bewährungsauftrag" seitens des Ministeriums für Kultur der DDR und der große Auftrag zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn. Die Schaffung der Ossietzky-Büste durch den damals noch jungen Künstler wurde begleitet bzw. beratend betreut durch den Berliner Bildhauer und Grafiker Fritz Cremer (1906–1993), später Vizepräsident der Akademie der Künste der DDR. Gemeinsam mit einem Vertreter des Ministeriums für Kultur besuchte Stefan Thomas Anfang 1963 den Grenzort Sülzhayn, um im Park des Sanatoriums Carl von Ossietzky den Standort für die Büste zu bestimmen. Zur Enthüllung der Büste zwei Jahre später war er nicht anwesend.

Im Zuge der Wiedervereinigung wurde das VdN-Kurheim Carl von Ossietzky abgewickelt, das Grundstück mit dem Sanatorium verkauft. Seitdem ist das Denkmal nach deutschem Recht im Besitz des Grundstückseigentümers. Die Ossietzky-Büste ist in Vergessenheit geraten, aber doch relativ gut erhalten.

Bildhauer Stefan Thomas lebt heute [2016] hochbetagt in Stralendorf in Mecklenburg.

 

R. Glaß | 2016

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